Grenzen der Gleichheit
oder: Was Schlagbäume und Pushbacks über unser Verständnis der Gleichheit aller Menschen offenbaren
Bedeutung und Rolle von (Landes-)Grenzen waren in der Menschheitsgeschichte einem beständigen Wandel unterworfen. Die jüngere Vergangenheit und die globalisierte Welt der Gegenwart bilden keine Ausnahme. Zentrale These dieses Beitrags ist, dass die rechtlich sanktionierte, robuste Grenzsicherung heute eine fundamentale Ungleichheit in der Welt markiert, sie ist Reflex und Zeichen ungleich verteilter Ressourcen (wie Wohlstand und Sicherheit) – und perpetuiert gleichzeitig diese Ungleichheit. Dennoch ist Grenzen – wie sich in diesen Tagen angesichts des fürchterlichen Kriegs in der Ukraine in dramatischer Weise zeigt – auch eine Schutzdimension immanent. Grenzregime können daher in einer Gesellschaft von Freien und Gleichen nur als rechtliche Ordnungsinstrumente interpretiert und legitimiert werden, ihre Abschottungsfunktion ist gemessen an fundamentalen Gerechtigkeits- und Gleichheitserwägungen nicht zu rechtfertigen.
I. Grenzen in der (Rechts-)Wirklichkeit
1. Transzendenz der Grenze: Globalisierung, Welthandel, Kosmopolitismus
Ein Geist der Annäherung und Verständigung, „die Wende“, prägte das Ende des 20. Jahrhunderts: Der Kalte Krieg wurde beendet, Abrüstungsabkommen unterzeichnet, Deutschland wiedervereinigt, die Europäischen Union erweitert und das Schengener Abkommen erlaubte die unbehinderte Durchreise vorbei an leeren Grenzhäuschen. Der Wunsch nach Abbau von Grenzen und Schlagbäumen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich, war wichtiger Motor dieser Entwicklungen. Ein florierender Welthandel sollte Wohlstand bringen, die WTO wurde gegründet mit dem Ziel, Handelshemmnisse abzubauen. Diese Entwicklungen gingen einher mit wachsender Globalisierung, enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen nahezu allen Regionen der Welt brachten vielerorts Wohlstands- und Sicherheitsgewinne.
Aber auch die globalen Umweltprobleme – vom „sauren Regen“ und dem Waldsterben über die Zerstörung der Ozonschicht durch übermäßigen FCKW-Ausstoß, zuletzt die Fragen des Klimaschutzes – transzendieren Grenzen. Es sind Menschheitsaufgaben, die nicht innerhalb von Landesgrenzen oder von Nationalstaaten beherrschbar sind. Oftmals treffen die Auswirkungen andere, meist vulnerable, Menschen und Regionen (Katastrophen wie 2021 im Ahrtal zeigen gleichwohl, dass das längst nicht immer so sein muss); spätestens die Sekundäreffekte (Flucht, Migration, Wiederaufbau) treffen dann aber alle.
Dieser – zugegeben leicht romantisierende – Schnappschuss soll hier weniger (in Wahrheit natürlich sehr viel komplexere) historische Erzählung sein, sondern mehr das politische Lebensgefühl spiegeln, das die Entwicklung im neuen Jahrtausend ernüchtern sollte.
2. Renaissance der Grenze: Abschottung, Autarkie, neue Nationalismen
Die Anschläge vom 11. September 2001 forcierten in vielerlei Hinsicht eine weitere Wende, mit Auswirkungen weit über die Grenzen der USA hinaus. Sie bildeten den Auftakt zu einer neuen, wachsenden Bedrohung durch terroristische Anschläge, die nicht mehr auf einen konkreten, meist regionalen Konflikt begrenzt waren, sondern örtlich und zeitlich unberechenbar immer wieder die „westliche Welt“ oder den „globalen Norden“ erschütterten. Anschläge in Madrid, London, Nizza, Berlin – es konnte überall passieren, und es passierte überall. Für Europa bedeuteten diese Anschläge gleichzeitig das Ende einer langen Zeit des Friedens: Eine Generation, geprägt durch den friedlichen Fall des „Eisernen Vorhangs“, sah sich plötzlich einer neuen Bedrohung gegenüber, von Gewalt geprägt und unberechenbar. Aus Fukuyamas Ende der Geschichte wurde Huntingtons Kampf der Kulturen.
Eine erste Reaktion auf diese neuartige Bedrohung war der hilflose Versuch immer strengerer nationaler Sicherheitsgesetzgebung und Abschottung, auch unter Inkaufnahme der Einschränkung von Grund- und Menschenrechten.1) Grenzen wurden geschlossen, Staaten zur „Achse des Bösen“ erklärt, die Schengen-Regeln partiell ausgesetzt, nationalstaatliche Interessen zunehmend in den Vordergrund gestellt. Der Populismus erstarkte.
Slogans wie America First drücken eine weit verbreitete Sehnsucht nach Abgrenzung gegenüber anderen aus, nach wirtschaftlicher Autarkie, nach Sicherheit durch Zuwendung zum Bekannten und Ausgrenzung des Fremden. Die ungleich verteilten Wohlstandsgewinne und die tiefdunklen Schattenseiten des globalisierten Kapitalismus tragen ein Übriges dazu bei, protektionistische und nationalistische Populismen zu beflügeln – nicht die Zähmung der globalen Wirtschaft oder eine gerechtere internationale Ordnung sind diesen Narrativen zufolge das Ziel, sondern eine Rückkehr zum status quo ante.
Mit den Neonationalismen und protektionistischen Ansätzen wurde auch ein neuer Wettbewerb der Systeme entfacht. Der Welthandel, einst Symbol der Öffnung in der Welt und sichtbarer Ausdruck ihrer Interdependenzen, wird in diese Abgrenzungsdynamik hineingezogen: Handelskriege und neue (Straf-)Zölle werden zunehmend als Mittel in zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen eingesetzt. Die zuvor erfolgte Annäherung kehrt sich um, alte Feindbilder werden reaktiviert, zum Schutz der eigenen (nationalen) Interessen Allianzen aufgekündigt (Brexit) und neue Barrieren errichtet. Landesgrenzen schließen sich, Menschen werden aufgrund ihrer Herkunft unter Terrorverdacht gestellt. Die globalen Bemühungen um eine gemeinsame Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen werden im Windschatten des Wirtschaftsnationalismus zum Kollateralschaden des neuen Denkens in Landesgrenzen. Das Bedürfnis nach individuellem Schutz vor einer diffusen Gefahr und nach Abschottung um des eigenen Wohlstands willen führen zu einer Renaissance der Grenze.
II. Zweck von Grenzen
Grenzen sind keine Naturgesetze, sondern rechtlich sanktionierte, menschliche Fiktionen – damit letztlich Rechtsinstrumente zur Verhaltenssteuerung. Wie jede staatliche Maßnahme müssen auch sie sich rechtfertigen lassen. Das erfordert zunächst, dass sie einem legitimen Zweck dienen. Was als „legitim“ gelten darf, ist eine äußerst heikle, ungeklärte Frage. Für die hiesigen Überlegungen mögen ein Maßstab wie der Kant’sche Imperativ oder der Harsanyi/Rawls’sche Schleier des Nichtwissens praktikable Operationalisierungen darstellen: Welcher Vereinbarung von Zwecken, welcher Geltung von Normen und welchem Einsatz von Mitteln würde jeder Mensch vernünftigerweise zustimmen – wenn er nicht wüsste, in welche Situation, in welche Stellung und Rolle, er auf Erden hineingeboren würde? Anders: Was halten Menschen für sich selbst für angemessen – und kann daher als verallgemeinerbar für alle Menschen Geltung beanspruchen?
Eines der zentralsten Prinzipien der grundgesetzlichen Werte- und Rechtsordnung – und darüber hinaus freiheitlich-demokratischer Ordnungen – ist das der der Gleichheit aller Menschen. Der (formale) aristotelische Gleichheitsgedanke, wonach Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln ist, prägt den Rechtsdiskurs. Mit Hilfe des Rechts wurden zahlreiche Privilegien zugunsten der Gleichheit über Bord geworfen: Die Ständeordnung etwa wurde überwunden; und für das Grundgesetz erkämpften die im Parlamentarischen Rat beteiligten Frauen, insbesondere Elisabeth Selbert, mit dem besonderen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 2 GG, die ausdrückliche Gewährleistung auch der privatrechtlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau.2)
1. Verteidigung von Ressourcen und Wohlstand
Grenzen – und die Notwendigkeit, sie robust zu schützen – manifestieren, dokumentieren, markieren hingegen auch heute noch bestehende Ungleichheiten und zeigen so ein ethisches Dilemma auf: Während Teile der Welt in Freiheit und Frieden leben dürfen, sind andere von Krieg und Terror geschüttelt, auch Wohlstand ist sehr ungleich verteilt. Ob ein Mensch in Frieden und Wohlstand oder aber in Krieg und Armut lebt, ist jedenfalls im wortwörtlichen Ausgangs(zeit)punkt weder Gegenstand einer Entscheidung, die in irgendeiner Weise beeinflusst oder gar bewusst getroffen werden kann noch eigener Leistung zu verdanken: Es ist vom Zufall der Geburt und Herkunft abhängig, in welchen Verhältnissen ein Mensch aufwächst.3) Die weltweiten Migrations- und Fluchtbewegungen sind ein offensichtliches Zeichen dieser fundamentalen Ungerechtigkeit. Nach Angaben des UNHCR waren Ende 2020 82,4 Million Menschen auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – und solange Menschen um ihr Überleben bangen oder gar kämpfen, wird es solche Fluchtbewegungen geben. Hinter dem Schleier des Nichtwissens wird daher gelten: Jeder Mensch würde zum eigenen Überleben (ob nun Lebensgefahr durch Krieg, Despoten oder Mangel droht), aber wohl auch für ein zukunftsfähiges Leben für sich und die Kinder die gewohnte Heimat verlassen und Zuflucht in anderen Ländern, Regionen, Kontinenten suchen – was die abfällige Rede von „Wirtschaftsflüchtlingen“ oder von der „Einwanderung in die Sozialsysteme“ besonders zynisch und bigott erscheinen lässt.
Dieser Ungleichheit begegnen Staaten reflexartig vornehmlich mit Abschottung – seit ehedem, aber seit „9/11“ noch einmal mit besonderer Verve. Ob eine Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko zum „Schutz“ vor Flüchtlingen oder die Sicherung der EU-Außengrenze durch Pushbacks und mit teilweise militärischen Mitteln durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex: an den Grenzen wird der Zugang zu Wohlstand und Sicherheit kontrolliert und reguliert.
Gleichzeitig handelt es sich bei diesen Grenzen um fiktive und willkürliche, jedenfalls geschichtlich kontingente Regeln. Sie sind zufälligen historischen Ereignissen geschuldet, oft das Ergebnis von Verhandlungen am grünen Tisch oder auf dem Reißbrett eingezeichnet, ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen und kulturelle Entwicklungen. Sie sind keine in Stein gemeißelte Notwendigkeit. Und doch entstehen durch sie Staaten, an ihre Existenz werden Rechtsfolgen geknüpft, mit beinahe absoluter Wirkung. Dabei sind sie bei einer Betrachtung der Welt aus der Höhe nicht einmal sichtbar: Wälder und Wiesen, Straßen und Bahnlinien, brechen an Landesgrenzen nicht abrupt ab, sondern „überwinden“ diese mühelos.
Auch die Staatsangehörigkeit ist so zum Werkzeug der Abschottung, der Gewalt und Erniedrigung geworden.4) Den durch feudale Vorrechte geprägten, längst überwunden geglaubten Zuständen ähnlich,5) manifestiert sich auch in der Staatsbürgerschaft die Zufälligkeit der mit der Herkunft verbundenen Chancen. Sie entscheidet willkürlich über Inklusion oder Exklusion. Damit geht eine im Antidiskriminierungsrecht oft angeprangerte Essentialisierung einher: Staatsangehörigkeit beziehungsweise Geburtsort werden zu einem essenziellen, den Menschen definierenden Merkmal.
Die Fiktion der Grenze zeitigt reale, handfeste Folgen. Sie ermächtigt Staaten, darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ihr Staatsgebiet betreten werden kann, aber auch, wer es verlassen darf. Die Ausreisebeschränkungen der DDR etwa oder die allgemeine Mobilmachung in der Ukraine derzeit, die es Männern verwehrt, das Land zu verlassen, manifestieren ebenfalls eine Form der Exklusion durch Grenzen, die Ungleichheit aufrechterhält. Von der Staatsangehörigkeit hängen Grundrechtsschutz oder Visabestimmungen ab. Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben ihre Heimat verlassen, scheitern an diesen – für sie ob der ihnen entgegentretenden organisierten Staatsgewalt unüberwindbaren – Grenzen und lassen im schlimmsten Fall ihr Leben.
2. Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit
Bei alledem dürfen wir einen zweiten Zweck von Grenzen – gleichsam die andere Seite dieser Medaille – nicht aus dem Blick verlieren. Jede menschliche Organisation ist kompartementalisiert, in Abteilungen, Bereiche, Regionen, Zellen, Teile, horizontal und/oder vertikal gegliedert, und diese Gliederung bedingt Grenzziehungen (die freilich oft genug Anlass zu Konflikten bieten). Die Grenze ist damit elementares Merkmal jeder menschlichen Ordnung.
Die vollständige Abschaffung sämtlicher (Landes-)Grenzen, wie sie Joseph H. Carens als essenziell für eine gerechte soziale Ordnung hält,6) berücksichtigt nicht in ausreichendem Maße, dass Grenzen neben Wohlstandssicherung, Abschottung und Ausgrenzung weiteren Aufgaben dienen. Sie erfüllen eine Organisations- und Schutzfunktion, indem sie der Einteilung in Jurisdiktionen dienen und die territoriale Integrität eines Landes schützen können.7) Sie begründen das Gewaltmonopol eines Staates und können in einer Welt mit Autokraten und Despoten Freiheit und Sicherheit garantieren, Hort für Geflüchtete sein. Hunderttausende ukrainische Flüchtlinge verlassen derzeit ihr kriegsgeschütteltes Land und können mit dem Grenzübertritt nach Polen, Rumänien, der Slowakei und Ungarn zumindest Leib und Leben retten. Ihnen eröffnet sich jenseits der Grenze ein durch die Genfer Flüchtlingskonvention oder nationale Aufenthaltsgesetze auch rechtlich begründeter Schutzraum, in dem sie der ganz akuten Gefahr der russischen Invasion entkommen können. Auch Corona hat gezeigt, dass Grenzen etwa bei der Eindämmung einer Pandemie eine wichtige Ordnungs- und Schutzfunktion zukommen kann.
Das Ansinnen, sämtliche Grenzen zu öffnen und freie Migration zu ermöglichen, kann daher mit Blick auf die ordnende und schützende Wirkung von Grenzen nicht der Königsweg sein. Im Ergebnis würde dies zu Unordnung und Chaos an den Zufluchtsorten führen. Damit einhergehende Wohlstandsverluste und Destabilisierung – bis hin zum Verlust der Fähigkeit, „rettende Ufer“ bieten zu können – würde niemandem nützen. Die Idee oder Forderung freier Migration könnte allerdings einen Anreiz für die wohlhabenden Staaten darstellen, sehr viel ernsthafter als bisher dazu beizutragen, dass Wohlstand und Teilhabe überall auf der Welt erreicht werden.
III. Rechtfertigung von Grenzen
Es bleibt damit festzuhalten, dass in freiheitlich-demokratischen Rechtsordnungen und gemessen an philosophisch-ethischen Maßstäben wie dem Schleier des Nichtwissens eine Ausgestaltung von Grenzregimen zur Begründung und Aufrechterhaltung einer Ordnung legitim ist, die Abschottung zu einer darüber hinausgehenden Wohlstandsverteidigung indessen nicht zu rechtfertigen vermag.
Bestehende Grenzen stellen daher eine Aufforderung dar, auf eine gerechtere Welt hinzuarbeiten und die Ungerechtigkeit entschieden(er) abzubauen. Durchlässigere Grenzen und ein liberaleres Staatsangehörigkeits- und Zuwanderungsrecht sind nicht nur wirtschaftlich etwa wegen des demographischen Wandels erstrebenswert, sondern fundamentaler, weil sie die Menschheit auf dem Weg zu gleichwertigeren, für alle Menschen würdigen Lebensverhältnissen voranbringen. Aus Art. 72 Abs. 2 GG ist das Postulat vertraut, dass auch gesellschaftlicher Zusammenhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse bedarf – gerade weil das Versprechen der Gleichheit ein tragender Pfeiler der freiheitlich-demokratischen Ordnung ist.
Menschen fliehen nicht aus freien Stücken. Sie fliehen, weil die Lebensverhältnisse in ihrer Heimat unerträglich geworden sind, weil Gewalt und Hunger sie vertreiben. Auf der Flucht leben sie von der Hoffnung auf ein Leben in Frieden und Sicherheit, ohne Angst um ihre Existenz. Die Rechtsidee der Grenze sollte nicht zu einem tödlichen Hindernis werden, an dem Menschen ertrinken oder erfrieren.
References
↑1 | Rowbottom, Jacob: Terrorism law and the erosion of free speech in the UK, VerfBlog, 2022/2/04, https://healthyhabit.life/os4-uk/, DOI: 10.17176/20220204-121208-0. |
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↑2 | Susanne Baer/Nora Markard, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, Art. 3 Rn. 339. |
↑3 | Ayelet Shachar, The Birthright Lottery. Citizenship and Global Inequality, 2009 |
↑4 | Dimitry Kochenov, Citizenship, 2019. |
↑5 | Joseph H. Carens, Aliens and Citizens: The Case for Open Borders, The Review of Politics, 1987, Vol. 49 pp. 251-273. |
↑6 | Joseph H. Carens, aaO. |
↑7 | Steffen Mau, Sortiermaschinen, 2021, S. 25 ff. |
Lieber Herr Prof. Towfigh,
Ihr Eintreten für globale Gleichheit aller Menschen in allen Ehren, aber ein paar Fragen stellen sich mir hier doch.
Erstens ist ein generelles Einwanderungsrecht mW gerade kein Menschenrecht im Sinne der UN-Menschenrechtskonvention – und zwar aus guten Gründen und als Ergebnis expliziter Diskussionen dazu, eben weil dies legitime Rechte der Bürger des Ziellandes verletzen würde.
Zweitens – und dies führt zu diesem Rechten zurück – lehnen Sie offenbar die Vorstellung einer Art “Eigentum” der Staatsbürger an den wirtschaftlichen und auch institutionellen Ressourcen ihres Landes ab. Dann würde mich allerdings interessieren, wie Sie den Staatsbürgern erklären wollen, dass sie den individuellen und hier vor allem kollektiven Wohlstand zwar schaffen sollen, über dessen Verwendung aber keine eigentumsähnlichen Befugnisse haben sollen.
Eigentum als Ausschlussrecht ist grundsätzlich unvereinbar mit der Vorstellung universeller Gleichheit. Ohne Eigentum aber auch keine Veranlassung, dieses zu erschaffen. Die “Tragik der Allende” ist hier eine schöne Metapher.
Ihre Gleichheitsvorstellungen kann ich somit weder im Völkerrecht, noch im nationalen Recht finden. Zudem untergräbt sie faktisch die Grundlage für das Entstehen und Fortbestehen dessen, wonach so viele Einwanderer verständlicherweise streben.